"Sehnsucht" und ihre verletzten Schwestern "Gier, Sucht, Missgunst und Hass" erzählen auch davon, was einmal "gut" war.
Als kraftvolles Sehnen kann sie dazu antreiben, andere Weisen der Befriedigung zu entwickeln. Als unbewältigter Schmerz über das Verlorene, der nicht angehört und in Trauerarbeit angenommen und verwandelt wurde, kann sie uns daran hindern, Lebensmöglichkeiten auszuschöpfen.
Für Trauer und Verwandlung haben Menschen unter-schiedliche Formen gefunden, eine davon ist die Kunst: Literatur, Musik, Bilder, Filme und Gedichte. Neue Formen entstehen, wenn Künstler ihre kreativen Begabungen und ihr Können in modernen Techniken und Materialien verwirklichen: Videoclips, Installationen mit Ton, Musik und Beleuchtung.
Damit sind ihre Schaffensmöglichkeiten nahezu unbegrenzt. Sie werden uns auch in Zukunft überraschen.
Ich saug an meiner Nabelschnur
Nun Nahrung aus der Welt.
Und herrlich rings ist die Natur,
Die mich am Busen hält!
Die Welle wieget unsern Kahn
Im Rudertakt hinauf,
Und Berge, wolkenangetan,
Entgegnen unserm Lauf.
Aug, mein Aug, was sinkst du nieder?
Goldne Träume, kommt ihr wieder?
Weg, du Traum! so gold du bist;
Hier auch Lieb und Leben ist.
Auf der Welle blinken
Tausend schwebende Sterne,
Liebe Nebel trinken
Rings die türmende Ferne,
Morgenwind umflügelt,
Die beschattete Bucht,
Und im See bespiegelt
Sich die reifende Frucht.
Goethe 1775